Nicht jedes Kind lernt gleich

Nicht jedes Kind lernt gleich

Auf Einladung der "Grünen" referiert Rektor Klaus Elbers über das etwas andere Lernkonzept an der Wutacher Grundschule.

BONNDORF/WUTACH. Die Kinder arbeiten konzentriert, es herrscht Ruhe im Klassenzimmer und nicht einmal das plötzliche Auftauchen der Schreiberin dieser Zeilen stört die Grundschüler in ihrem Arbeitseifer. An der Grundschule Wutach wird seit rund fünf Jahren nach einem anderen Unterrichtskonzept gearbeitet. Über dieses Lernmodell, die Hintergründe und die gemachten Erfahrungen berichtete nun Rektor Klaus Elbers auf Einladung des Ortsverbands der Grünen im Wutachtal im "Kranz" in Bonndorf.

Rund 25 Interessierte – darunter etliche Pädagogen – hatten sich zu der Veranstaltung der Grünen eingefunden, in der der Rektor der Grundschule Wutach, Klaus Elbers, das Konzept der Zwergschule mit knapp 60 Mädchen und Buben anschaulich präsentierte. "Individuell und gemeinsam lernen" könnte die Konzeption überschrieben werden, die sich vom Frontalunterricht – wie schon vor 100 Jahren – verabschiedet und den Kindern die Möglichkeit eröffnet, recht selbständig, auf individuelle Art und in eigenem Tempo zu lernen. "Lernen ist ein komplexes Geschehen, das nicht eingetrichtert werden kann", machte der Schulleiter deutlich und er stellte klar, dass mit Motivation und Lernfreude weit größere Erfolge erzielt werden können als mit Druck und Angst. "Auch nicht jedes Kind lernt gleich", so Elbers, der deshalb an seiner Schule auf die individuelle Förderung setzt. Jedes Kind kann seinem Niveau entsprechend im eigenen Tempo arbeiten. Die Kinder entscheiden selbst, mit welchen Themen sie sich beschäftigen, wobei es Richtlinien aber keine strikten Vorschriften gibt. Arbeitsmaterialien stehen in Regalen zur Verfügung. Diese Unterrichtsform fördert das selbständige Arbeiten und die Kinder lernen früh, Verantwortung für ihr eigenes Handeln zu übernehmen, beschrieb Elbers die positiven "Nebeneffekte" – Kompetenzen, die in der Arbeitswelt immer wichtiger werden. Aufgelöst sind in Wutach auch die Klassenverbände. Es wird jahrgangsübergreifend gearbeitet, Erstklässler lernen zum Teil mit Vierklässlern, die Großen helfen den Kleinen.

Die Lehrer übernehmen die Rolle des Lernbegleiters, sie sind Ansprechpartner bei Schwierigkeiten, sie motivieren, geben individuelle Hilfen und holen jedes Kind dort ab, wo es gerade steht. So gibt es auch keine festen Termine für Klassenarbeiten. Die Kinder können die Tests dann absolvieren, wenn sie das Gefühl haben, den Anforderungen gewachsen zu sein. Auch beim Notenkonzept geht man in der Grundschule Wutach andere Wege. "Die Note sagt wenig darüber aus, was ein Kind kann, außerdem werden Lernzu- wächse gar nicht erfasst", so die Überzeugung des Schulleiters, der auch weiß, dass Noten für schwache Schüler demotivierend wirken. Insofern spielen Mitarbeit und Arbeitsfreude im Notenkonzept eine größere Rolle als die Ergebnisse der Klassenarbeiten und Eltern können – wenn sie wollen – auf eine Noteneinsicht verzichten und sich in Elterngesprächen über den Lernstand ihrer Kinder informieren. Klar ist aber, so Klaus Elbers, dass jedes Kind, das die vierte Klasse verlässt, den gesamten Lernstoff durchgearbeitet hat und über ausreichendes Wissen verfügt, um in eine weiterführende Schule zu gehen.

Und zu diesem Übergang gibt es nun auch die ersten Erfahrungen. In einer Umfrage bei Lehrern, Eltern und Kindern der fünften Klassen wurde der Wutacher Schule bestätigt, dass der Schulwechsel den Kindern keine Probleme bereitet. "Es läuft Widererwarten gut", hätten auch jene Eltern bestätigt, die dem Unterrichtskonzept der Grundschule in Ewattingen skeptisch gegenüber gestanden hatten. Seitens der Lehrer sei signalisiert worden, dass das Leistungsniveau stimmt, positiv sei die Eigenverantwortlichkeit und das Sozialverhalten der Schüler aufgefallen. Stärken wurden den Mädchen und Buben aus Wutach bei Aufsätzen, in der Ausdrucksfähigkeit und in der Mitarbeit zugesprochen, Schwächen hingegen seien teilweise in der Rechtschreibung und auch beim Vorlesen festzustellen. Die Schwächen, so Elbers, seien aber keine Folge der Unterrichtsform, sondern würden damit zusammen hängen, dass man beispielsweise auf Rechtschreibung keinen Schwerpunkt gelegt habe. "Wir werden aber daran arbeiten", sagte der Schulrektor und ergänzte: "Wir sind nicht perfekt, aber auf dem richtigen Weg."

Die Grundschule Wutach wurde auch in das Modellprojekt "Bildungshaus 3 -10" aufgenommen. Verwirklicht wird im Rahmen des Bildungshauses eine Kooperation Schule-Kindergarten. Erzieherinnen und Lehrer arbeiten zusammen, Vorschulkinder können erste Erfahrungen in der Schule sammeln, Grundschüler arbeiten im Kindergarten mit den Kleinen. "So entsteht schon früh eine Gemeinschaft, der Übergang auf die Schule wird den Kindern enorm erleichtert", beschrieb Elbers die Vorteile des Bildungshauses. Wer sich selbst ein Bild über die Arbeit an der Wutacher Grundschule machten möchte, den lud Klaus Elbers zum Tag der offenen Tür ein. Dieser wird am Mittwoch, 8. Februar, stattfinden.

Im Anschluss an die Ausführungen von Rektor Klaus Elbers entwickelte sich noch eine angeregte Diskussion über Schwächen und Chancen des Unterrichtskonzeptes an der Wutacher Schule.

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